Brief der KKE an die europäischen kommunistischen und Arbeiterparteien
Athen, 1. Dezember
2010
Liebe Genossen!
In einigen Tagen
wird der Dritte Kongress der sogenannten "Europäischen Linkspartei"
(ELP) in Paris stattfinden. Dieser Kongress wird in exakt demselben
Zeitraum (3. bis 5. Dezember) veranstaltet, in dem auch das Internationale
Treffen der Kommunistischen und Arbeiterparteien stattfinden wird, dieses
Jahr in Südafrika. Auf diese provokative und symbolische Weise wird
die spalterische und zersetzende Rolle der ELP gegenüber der kommunistischen
Weltbewegung klar veranschaulicht.
Wie alle wissen,
bezog die KKE von Anfang an deutlich Stellung gegen die mögliche Gründung
einer "Europäischen Partei". Andere Parteien, die in der
Vergangenheit der euro-kommunistischen Strömung folgten und in Opposition
zur Sowjetunion und den anderen sozialistischen Ländern in Europa standen,
spielten eine führende Rolle bei deren Gründung. Einige Parteien,
die jeden Bezug zu den Idealen des Kommunismus aufgegeben haben, unterstützten
deren Gründung ebenfalls, wie zum Beispiel die SYNASPISMOS aus Griechenland,
die - ebenso wie DIE LINKE in Deutschland - zuverlässig eine antikommunistische
Rolle spielen. Und schließlich beschloss eine Reihe Kommunistischer
Parteien, dieser "Europäischen Partei" unter Berücksichtigung
der jeweils verschiedenen Faktoren als "Beobachter" beizutreten.
Seitdem sind einige
Jahre vergangen, und heute sind wir der Meinung, dass unsere Ansichten
bestätigt wurden, wenn wir die Aktivitäten und Theorien der ELP sowie
die gesamte Erfahrung mit ihr seit ihrer Gründung berücksichtigen.
In ihren programmatischen
Dokumenten (Statut und Programm) weist die ELP alles Kommunistische,
alle revolutionären Traditionen zurück; sie steht dem wissenschaftlichen
Sozialismus, dem Klassenkampf und der sozialistischen Revolution feindlich
gegenüber. In ihrem Statut akzeptiert sie als Teil des institutionellen
Systems der EU, dass die kapitalistische EU ewig ist, und eine grundlegende
Bedingung für seine Existenz ist ihre Bereitschaft, das System der
EU nicht in Frage zu stellen.
Das ist auch aus
den Unterlagen des Dritten Kongresses der ELP klar zu ersehen, wo in
Form von Vorschlägen wie "Konkrete Schritte können und sollten
gemacht werden, um die EU und die nationalen Regierungen aus dem Würgegriff
der Finanzmärkte zu befreien", die Illusion eines "menschlicheren"
Kapitalismus verbreitet wird. Als angebliche "radikalen Veränderungen"
werden Maßnahmen vorgeschlagen, um den Kapitalismus durch das ausweglose
Ziel der "Demokratisierung der Europäischen Union" zu modernisieren.
Derselben Union, die vom europäischen Kapital zwecks effektiverer Ausbeutung
der europäischen Völker und Erlangung der Oberhand im globalen Wettbewerb
mit den USA und anderen imperialistischen Mächten gegründet wurde.
Die Tatsache,
dass die führenden Kräfte der ELP, die diese Partei führen und ihre
politische Linie vorgeben, innerhalb der Fesseln der kapitalistischen
Produktionsweise agieren, ist auf Grund ihrer Aufrufe, die imperialistische
EU zu unterstützen, in welchen sie sie auffordert, eine größere Rolle
bei internationalen Angelegenheiten zu spielen, offensichtlich. Das
wird zudem auf Grund der Tatsache offensichtlich, dass sie sich in ihren
Dokumenten lediglich auf den sogenannten Neoliberalismus fokussiert,
womit sie die Illusionen unter den Arbeitern fördert, dass da eine
andere Art von Wirtschaftspolitik innerhalb des kapitalistischen Systems
geben könnte, die vermutlich die Probleme der Menschen lösen könne.
Damit wird die gefährliche Rolle der ELP erneut als Instrument offensichtlich,
um die revolutionären Kräfte im Rahmen des Kapitalismus gefangen und
als Anhängsel der europäischen Sozialdemokratie zu halten.
Die "Tränen",
die die ELP in den Dokumenten ihres Dritten Kongresses auf Grund der
Tatsache vergießt, dass die Beseitigung des "realen Sozialismus"
zu einer Verschlechterung der Lage der Arbeiter geführt hat, sind heuchlerisch,
wenn man bedenkt, dass gerade diejenigen Kräfte, die die ELP führen,
zu denen gehörten, die Seite an Seite mit den Rechten und den Sozialdemokraten
gegen die Sowjetunion und die anderen sozialistischen Länder kämpften,
und dass sie sich heute noch der Argumentationslinie der Bourgeoisie
bedient, die letztlich ihre Krönung in der Gleichsetzung des Kommunismus
mit dem Faschismus findet. Es ist keineswegs Zufall, dass die inakzeptable
Entstellung der Geschichte, welche die EU, der Europäische Rat und
andere imperialistische Organisationen über die Geschichte der kommunistischen
und Arbeiterbewegung in Europa verbreiten, in den Dokumenten der ELP
überhaupt nicht erwähnt wird.
Die Uneinigkeiten
der ELP hinsichtlich der Militarisierung der EU und der internationalen
Beziehungen klingen wie Predigten von Missionaren, wenn man bedenkt,
dass diese Partei gleichzeitig ihre Unterstützung für eine aktivere
Rolle der EU in der Welt erklärt und die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik
akzeptiert hat. Dasselbe gilt für ihren Aufruf zur "Auflösung
der NATO", solange diese Forderung nicht mit dem Kampf für die
Loslösung jedes Mitgliedsstaates verbunden wird.
Die Hinweise auf
eine gerechte Lösung einer Reihe internationaler Probleme (Palästina,
Zypern, die Kuba-Blockade) sind extrem heuchlerisch, wenn es heisst,
dass diese nicht durch den antiimperialistischen Kampf der Völker,
sondern durch die Umsetzung internationalen und europäischen Rechts
gelöst werden können. Von welchem "Recht" spricht die ELP?
Die Entscheidung des Haager Tribunals, die NATO-Intervention auf dem
Balkan und im Protektorat Kosovo zu legitimieren, zeigt anschaulich,
was dieses internationale und europäische Recht wirklich bedeutet.
Ein weiteres Beispiel ist das Urteil des Europäischen Menschenrechtsgerichts,
welches das Verhalten Lettlands, wo der antifaschistische Veteran Vassili
Kononov von der Regierung verhaftet wurde, weil er laut Gericht 1944
beim Kampf gegen die Nazihorden, die in die Sowjetunion einmarschiert
waren, als "Terrorist" agierte, rechtfertigte. Ein weiteres
Beispiel ist die widerliche und feindliche gemeinsame Position der EU
in Bezug auf Kuba. Ein weiteres Beispiel ist das Verbot Kommunistischer
Parteien in einer Reihe von EU-Ländern. Ein weiteres Beispiel ist das
Verbot der Symbolik der kommunistischen und Arbeiterbewegung in einer
Reihe von EU-Ländern. Die ELP schwieg einmal mehr zu all diesen Themen.
Sie verschließt die Augen davor und zeigt, dass sie die imperialistische
Barbarei, die in unterschiedlicher Weise durch das "Gesetz"
demonstriert wird, welches heute weit verbreitet und nichts anderes
als das imperialistische Recht des Stärkeren ist, nicht wahrnimmt.
Genossen,
die Zeit ist reif
für eine Überwindung der Illusionen bezüglich der Rolle der ELP.
Die KKE appelliert an die kommunistischen und Arbeiterparteien, die
sich aus den unterschiedlichsten Gründen dieser speziellen "künstlichen"
Partei (die zu den Bedingungen der EU gebildet wurde, um dieser zu dienen)
angeschlossen haben, ihre Position zu überdenken. Die weitere Schwächung
dieser "Links"-Partei der EU, die Stärkung der gleichberechtigten
Kooperation europäischer kommunistischer und Arbeiterparteien auf der
Grundlage des Marxismus-Leninismus und des proletarischen Internationalismus,
ungeachtet der Bedingungen und Grenzen, die die EU uns aufdrücken will,
ist die einzige Hoffnung für eine Umgruppierung der europäischen kommunistischen
Bewegung und ist die einzige zuverlässige Antwort auf das aggressive
Verhalten des europäischen Kapitals gegenüber den Rechten der Arbeiter.
Die Internationale Abteilung des Zentralkomitees der KKE
e-mail:cpg@int.kke.gr